Andacht aus dem Gemeindebrief

Will Gott mich fertigmachen?

Diese unerhörte Frage habe ich tatsächlich gestellt. Je mehr Licht in meine Vergangenheit fiel, desto dunkler wurde es. In meinem Leben tob(t)en die Stürme und Gott hielt ein Schläfchen. Jedenfalls habe ich den liebenden, zu meinem Wohle handelnden Schöpfer, vermisst. Es gab Tage, da traf mich die ganze Absurdität dessen, was ich glaube mit voller Wucht. Die Zweifel an einen liebevollen Gott machten mich zum Einsiedler und trieben mich zum Rückzug aus der Gemeinde Jesu. Wenngleich die Existenz Gottes unstrittig ist, bleibt seine Haltung uns Menschen gegenüber zumindest diskutierbar.
Ich weiß, dass es kein Erfolgsrezept für ein gelingendes Leben gibt. Diese Welt ist verstörend und friedlos. Es gibt schlimmste Bedrängnis und die Frage nach dem Leid bewegt uns alle. Und doch wissen wir, dass Gott jeder Not begegnen kann. Warum tut er es dann nicht? Wo ist der Herr in meiner und deiner persönlichen Not? Ich weiß es nicht. Aber trotzdem brauche ich den Glauben an einen liebenden Vater, denn nicht mein begrenzter Intellekt, sondern mein Glaube gibt mir moralische Orientierung für mein Handeln. Nicht mein Verstand, sondern mein Vertrauen hilft mir, meine Lebenskrisen zu bewältigen. Jesus sagt: „Hänge dich an meinen Glauben, berge Dich in mein Vertrauen zum himmlischen Vater und alles wird möglich.“ (frei nach Markus 9, 23).
Inzwischen versuche ich, in meine ureigene Kummerkiste einen Sinn hinein zu deuten. Mein Schöpfer will mich nicht fertigmachen. Aber er möchte mich fertig machen. Das zu lernen, was mich der Herr durch Not lehren will, ist wichtiger, als aus ihr herauszukommen. Hier gilt Luthers Wort:

“Du wirst alsbald Erleichterung finden, wenn du mitten im Unglück Gott als stärker ansiehst als dein gegenwärtiges Leid.”

Existenziell ist, dass ich lerne, ihm gänzlich zu vertrauen. Ich brauche keinen großen Glauben, vielmehr den Glauben an einen großen Gott.
Ein Tropfen Liebe ist mehr als ein Ozean an Wille und Verstand. Für mich heißt das, dass ich durchhalten und mich weiter freischwimmen muss. Der Herr wird mir helfen – spätestens rechtzeitig. Den Menschen wünsche ich das Erleben eines zugewandten Schöpfers in dieser (ab)gefallenen Welt.

Liebe Grüße von Ronny Eschenhorn