Andacht aus dem Gemeindebrief

Gott sieht mehr!

„Spielen wir, ich blicke was, was du nicht blickst?“ fragt der eine Elch den anderen in dem Disney-Film Bärenbrüder, während sie durch einen vorwiegend leeren Landstrich ziehen. „Ich blicke was, was du nicht blickst und das ist grün.“ „Baum.“ „Richtig, ich blicke was, was du nicht blickst und das ist groß.“ „Baum.“ „Richtig.“

Eine Szene zum Amüsieren, aber sie erinnert mich auch an einen Vers aus dem Alten Testament. In 1. Samuel 16,7 sagt Gott: „Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der HERR aber sieht das Herz an.“ Wie oft meinen wir, mit offenen Augen durch die Welt zu laufen und sind dennoch so blind. Lassen uns in unseren Gedanken und im Handeln ausschließlich von dem beeinflussen, was wir oberflächlich wahrnehmen. Und dann halten wir uns wie die Elche allein mit dem auf, was uns gerade vor Augen ist. Dabei gäbe es viel mehr zu entdecken, wenn wir versuchen würden, hinter den Horizont zu schauen.

„… der HERR aber sieht das Herz an.“ Gott interessiert sich nicht für Äußerlichkeiten, sondern für das, was er in uns hineingelegt hat. Wir sind seine Geschöpfe, nach seinem Ebenbild erschaffen und mit so viel mehr ausgestattet, als nur dem äußeren Erscheinungsbild. David beginnt Psalm 139 mit den Worten „HERR, du durchschaust mich, du kennst mich durch und durch.“ Gott sieht in der Tiefe, was uns ausmacht und er liebt uns von ganzem Herzen.

Wie oft urteilen wir über Menschen, ohne wirklich hingesehen zu haben. Das begegnet mir bspw. in meiner Arbeit unter Gefangenen. Haftentlassene passen aus Sicht der meisten nicht mehr in das „normale“ gesellschaftliche Leben, ob ein neuer Weg eingeschlagen wurde oder nicht. Wir lassen uns von Äußerlichkeiten steuern und ignorieren alles, was den Menschen eigentlich ausmacht. Ich bin dankbar, dass Gott mich immer wieder neu darauf aufmerksam macht, dass es ihm um mehr geht, er mehr in uns Menschen sieht. Gott schaut unser Herz an und möchte uns begegnen und zum Guten verändern, auch wenn es noch so hoffnungslos erscheint. „Jesus aber sah sie an und sprach zu ihnen: Bei den Menschen ist’s unmöglich; aber bei Gott sind alle Dinge möglich.“ (Matthäus 19,26)

Eure Judith Aillaud